Samstag, 29. September 2012

Auf dem Weg in den Sozialismus

Auf dem Weg in den Sozialismus:
von Manfred Gburek


 Hier finden Sie zuallererst einige Zitate. Sie werden überrascht sein, von wem sie stammen. „Wir ersticken in Liquidität. Ich weiß nicht, wohin mit der Kohle…….Wir haben das Shareholder Value-Dogma pervertiert…….Die Banken stehen mit dem Rücken an der Wand…….Kein Mensch versteht, was Banken tun…….Es ist möglich, dass alle Banken verstaatlicht werden…….Ich sage meinen Töchtern: Geht bloß nicht ins Banking.“ Das alles und noch viel mehr sagte Theodor Weimer, Vorstandssprecher der UniCredit Bank, am 25. September vor Fachpublikum in der Frankfurt School of Finance & Management.

Die Zitate geben treffend die interne Stimmung in großen Teilen des Bankensektors wieder. Bisher gelangt noch viel zu wenig davon nach außen. Wenn ein Banker wie Weimer, zu dessen beruflichen Stationen unter anderem die führende Investmentbank Goldman Sachs gehörte, seinen Töchtern dringend vom Bankgeschäft abrät und das auch noch öffentlich kundtut, müssten bei allen aktuellen und potenziellen Bankkunden eigentlich die Alarmglocken schrillen.

Doch das tun sie erst vereinzelt. Zum Beispiel dort, wo es um Problemimmobilien und -kredite geht. So war es denn auch kein Zufall, dass allein im September kurz hintereinander die Firmen Ernst & Young (zusammen mit der Anwaltskanzlei Kübler) und Corestate (zusammen mit der EBS Universität) neue Studien zu faulen Immobilienkrediten vorgelegt haben. Ich erspare Ihnen hier Details. Nur so viel: 1. Die Banken schwimmen zwar im Geld, aber sie vergeben und verlängern kaum Kredite, sobald sie auch nur den Hauch eines Risikos wittern. 2. Während Kredite für Wohnungen im Großen und Ganzen keine allzu großen Probleme bereiten, steht es um Kredite für Büros ziemlich schlecht. 3. Das wird sich schon im kommenden Jahr auch auf andere Teile der Wirtschaft negativ auswirken, zumal alternative Finanzierer wie Versicherer oder Private Equity erst einmal die weitere Entwicklung abwarten dürften.


Die beiden entscheidenden Fragen, die sich aus Anlegersicht ergeben, sind dann: Kann es die Realwirtschaft verkraften, von den Banken nur unzureichend mit Krediten versorgt zu werden? Wird es aufgrund der dadurch möglicherweise schrumpfenden Wirtschaft zu einer Finanzkrise mit negativen Auswirkungen zum Beispiel auch auf Aktien und Edelmetalle kommen wie im Herbst 2008, oder wird die viele Liquidität eher das Gegenteil bewirken? Derzeit entwickeln sich Aktien und Edelmetalle so, als würden sie die zweite Alternative bestätigen. Das heißt, die Liquidität kommt Aktien und Edelmetallen zugute.

Nächste Frage: Kann die Liquidität sich nicht doch eher den Weg zu Immobilien bahnen und Aktien nebst Edelmetallen über kurz oder lang vernachlässigen? Diese Frage drängt sich ja geradezu auf, wenn man verfolgt, wie heiß beispielsweise Family Offices auf Immobilien sind. Hier gilt es zu differenzieren. Family Offices – darunter versteht man reiche Privatleute – bevorzugen aktuell Wohnimmobilien, aus denen sie Mieten schöpfen, die eine im Vergleich zu Tagesgeldzinsen etwa doppelt so hohe Rendite ergeben. Der Fluss der Mieten ist in diesem Fall stetig. Das kann man, auf Dauer gesehen, von Büromieten nicht gerade behaupten.

Nichts gegen Wohnimmobilien, solange es um das Eigenheim oder die schicke Wohnung für den Eigenbedarf in guter Lage geht. Doch ich wiederhole mich, was vermietete Häuser oder Wohnungen betrifft: Zum einen können sie je nach der Höhe des gesamten Vermögens schnell zu einem Klumpenrisiko werden, zum anderen wird der Staat von der nächsten Legislaturperiode an versuchen, möglichst hohe Steuern aus ihnen herauszuquetschen. Auch dazu hat UniCredit-Chef Weimer in seiner flammenden Rede am 25. September Tacheles gesprochen: „Wir kriegen eine harte Immobiliensteuer, eine harte Vermögensteuer, eine harte Einkommensteuer.“

Wie hart, wird von den politischen Verhältnissen abhängen, also ob vom kommenden Jahr an Schwarz/Rot, Schwarz/Gelb, Rot/Grün, Rot/Grün/Rot oder sogar eine Koalition unter Einbeziehung der Piraten regieren wird. Machen wir uns nichts vor, auf jeden Fall wird den Reichen so viel wie möglich genommen und den Armen nicht ganz so viel gegeben – nicht ganz so viel, weil zwischen Reich und Arm die ausufernde Bürokratie eingeschaltet bleibt.

Auf Seite 3 der Börsen-Zeitung vom Donnerstag hat mir Peer Steinbrück auf einem für ihn außergewöhnlich vorteilhaften Foto mit blitzenden Zähnen entgegengelächelt, eingerahmt von Gedankensplittern aus seinem – na ja, nennen wir es Programm. Der Mann übt sich in Populismus. Er, der die Abgeltungsteuer erfunden und damit der Aktienkultur einen Schlag versetzt hat, versucht sich nun als Kanzlerkandidat aufzumandeln. Wer auch immer vom SPD-Trio am Ende der Kandidat sein wird, ist ebenso egal wie die Farbkomposition der nächsten Bundesregierung; denn abkassiert wird in jedem Fall, und zwar über Steuern. Und weil Immobilien anders als Aktien oder Edelmetalle nicht bewegt werden können, bieten sich ihre Eigentümer ganz besonders als Opfer des Abkassierens an.

Deutschland wird den Euro um so gut wie jeden Preis verteidigen und zu diesem Zweck für Geldtransfers nach Griechenland, Spanien, Portugal, Italien und unter Umständen sogar nach Frankreich sorgen. Die Transfers werden wohlklingende Namen erhalten. Darin ist man ja schon geübt; das zeigen Begriffe wie Europäischer Stabilisierungsmechanismus oder Fiskalpakt, aber auch Kosenamen wie Bazooka, Dicke Bertha oder einfach nur Euro-Rettung, die in Wahrheit nichts anderes ist als die künstliche Beatmung von Banken um fast jeden Preis.

Um ehrlich zu sein, ich kann mich über all das gar nicht mehr richtig aufregen, ich analysiere es ganz einfach aufgrund täglicher Recherchen, versuche daraus Prognosen abzuleiten, verhalte mich adäquat, bleibe cool und gehe dementsprechend mit meinem Geld um. Dabei spielen Gold und Silber nach wie vor eine große Rolle, und ich sehe nicht ein, warum sich das ändern soll.

Gestatten Sie mir, in diesem Kontext die Weimer-Zitate am Anfang des heutigen Beitrags um ein paar Auszüge aus dem Degussa-Marktreport vom 21. September zu ergänzen, der sich intensiv mit dem staatlichen Interventionismus beschäftigt: „Der Sozialismus kann viele Formen annehmen. Nicht immer wird jede davon als solche erkannt…….Interventionismus bedeutet fallweises Eingreifen des Staates in das Marktgeschehen. Hierzu gehören Steuern, aber auch staatliche Weisungen, Gebote, Verbote und Einschränkungen…….Menschen werden versuchen, den Staatszwängen auszuweichen, und daher werden auch die Ziele, die der Interventionismus erreichen will, nicht erreicht.“ Dann wünsche ich Ihnen schon mal ein erfolgreiches Ausweichen.

Quelle: gburek

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